Tag des Eisenbahners
Die "im Kleinen" gelebte Zusammenarbeit zwischen den deutschen und polnischen Eisenbahnern wurde auch im Großen durch die Politik zelebriert. Im Jahre 1974 wurde der "Tag des Eisenbahners" im 25. Jahr des Bestehens der DDR groß auf beiden Bahnhöfen gefeiert. Neben 40 Eisenbahnern aus Kostrzyn nahmen auch Gäste aus Gorzów, Pozań und Brest an den Feierlichkeiten teil. Auch zu anderen Anlässen besuchte sich gegenseitig - wie zum Beispiel zum internationalen Frauentag. Gründe zum gemeinsamen Feiern fanden sich immer. Diese Besuche waren ja aufgrund der geschlossenen Grenze im Ort sonst nicht ohne Weiteres möglich. Man konnte als "Zivilist" nur den Grenzübergang in Frankfurt (Oder) nutzen, um nach Kostrzyn zu gelangen.
An diesem Tag des Eisenbahners "hagelte" es Auszeichnungen, es gab neben einem kulturellen Programm auch sportliche Wettkämpfe zwischen den beiden Bahnhöfen. Die damalige Tageszeitung des Bezirks Frankfurt/Oder, "Neuer Tag", berichtete ausführlichst. Diese Form von gegenseitigen Einladungen - schon der Zeitungsartikel von 1962 am Anfang dieses Artikels berichtete schon darüber - wurde auch in den folgenden Jahren weiter zelebriert.
Natürlich dürfte an einem solchen Ehrentag die obligatorische Demonstration mit sozialistischen Erfolgslosungen - wie auch am 1. Mai jeden Jahres - nicht fehlen. Daran nahmen aber nur Eisenbahner teil, die gerade keinen Dienst hatten.
Bild 19: Bericht zum Tag des Eisenbahners 1974. Der Ehrentag der Eisenbahner wurde natürlich auch propagandistisch ausgeschlachtet. (Quelle: siehe Ende des Artikels)
Bild 20: Zeitungsbericht über den Tag des Eisenbahners auf den Bahnhöfen Kietz und Kostrzyn, 1974 (Quelle: siehe Ende des Artikels)
Sonderfahrten und Bahnhofsfeste
Auch auf dem Kietzer Bahnhof fanden immer wieder Feste statt, der Bahnhof war auch immer wieder Station für Sonderzüge. Der älteste Beleg für einen solchen Sonderzug, der mir vorliegt, war eine Sonderfahrt des Deutschen Modelleisenbahnverbands (DMV) der DDR am 19. Mai 1979 (siehe Abbildungen) mit der Dampflok 01 1518-8. Die Strecke führte von Berlin-Lichtenberg über Wriezen und Kietz schließlich wieder nach Berlin. Wie schon im ersten Teil dieser Artikelserie erwähnt, war das Fotografieren auf dem Bahngelände verboten. Auch in dem Programmheft dieser Sonderfahrt wurde explizit noch einmal darauf hingewiesen.
Am 19. und 20. August 1989, an einem Wochenende, fand - von der Zeitschrift "Fahrt Frei" veranstaltet - die Veranstaltung "Eisenbahn zum Anfassen" auf dem Kietzer Bahnhof statt (siehe Bild 24 - 28). An beiden Tagen wurde auch eine "Solidaritätsfahrt der Journalisten" namens "Mit Diesel und Dampf ins Oderland" mit Sonderzügen zwischen Berlin-Lichtenberg und Kietz veranstaltet. Dem "Neuen Tag" zufolge besuchten über 8000 Menschen das Fest mit Lokausstellung. Einer dieser 8000 Gäste war ich - im Alter von 11 Jahren. Zu diesem Fest wurde auch das sonst verschlossene Tor an der Fußgängerbrücke geöffnet. Dort wurden an einem Tisch von Bahnmitarbeitern Eintrittskarten verkauft. Überall auf dem Bahnhof, wo sonst Güterzüge standen, befanden sich Loks und Wagen der Deutschen Reichsbahn, aber auch der polnischen Staatsbahn PKP. Mal im Führerhaus einer Dampflok zu stehen, war schon ein Highlight für mich. Für die kleineren Kinder hatte man eine Draisine wiederhergerichtet und auf den Namen "Oderlandvehikel" getauft. Damit wurden die Kinder über das Bahngelände gefahren, siehe Bild 28. Übrigens war die Zeitschrift "Fahrt Frei" auch schon am Bahnhofsfest zum Tag des Eisenbahners im Jahre 1974 beteiligt.