Siegel der GarnisonsgemeindeFür die Besatzung der Festung Küstrin wurde ein Gottesdienst im Rathaus abgehalten. Nach einer kurfürstlichen Verordnung vom 5. April 1683 musste die Stadt die Kirche am Wall der Garnisonsgemeinde überlassen. Nach einem Vergleich zwischen der Stadt und der Garnison am 21.5.1683 wurde die Kirche der Garnison übergeben. Davor war sie nur für Leichenpredigten benutzt worden. Seyffert schreibt auch von einer Übergabe der Kirche an die Garnison durch König Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1722, das läßt sich aber anhand keiner weiteren Quelle belegen.

Die Garnison behielt sich aber das Recht vor, den Saal im Rathaus wieder zu nutzen, falls sie die Kirche am Wall wieder abgeben müsse.

 

Lage der GarnisonskircheDiese kleine Kirche wurde in Jahren 1628/1629 am südlichen Ende der Kommandantenstrasse durch die Bürgerschaft als Begräbniskirche erbaut. Die Pfarrkirche unterstützte den Bau mit 455 Reichsthalern. Dort schloss sich auch direkt der alte Friedhof der Stadt an. Dieser war wahrscheinlich im Jahr 1556 eröffnet worden, eine entsprechende Jahresangabe befand sich auf der Friedhofsmauer. Dort sollen auch noch Gräber aus der Zeit von Markgraf Hans existiert haben. Aufgrund der grassierenden Pest wurde der Friedhof innerhalb der Festung Ende des 17. Jahrhundert zu klein. Als der Friedhof im Jahre 1683 in die Kurze Vorstadt verlegt und auch dort eine Begräbniskirche (die Hospitalkirche) erbaut wurde, verlor diese kleine Kirche Ihre Funktion und wurde, wie schon erwähnt, der Garnison zur Nutzung übergeben. Eigentümer blieb aber die Stadt Küstrin. Fredrich schreibt in "Die Stadt Cüstrin" von 1913 jedoch, dass der Friedhof noch bis ins Jahr 1729 parallel zu dem in der kurzen Vorstadt genutzt wurde. Er schreibt weiter, dass der Friedhof im Jahr 1731 geschlossen und 1733 die Mauer abgerissen und der Platz gepflastert wurde. Das lässt sich aber mit keiner weiteren Quelle bestätigen.

Im Inneren der Kirche am Wall stand ein Monument für den ehemaligen Gouverneur Hildebrand von Kracht und seiner Ehefrau. Diesen Platz hatte er von der Stadt für 50 Reichsthaler gekauft. Es bestand aus drei Etagen, die jeweils durch zwei goldene Säulen getragen wurden. In den ersten zwei Etagen waren die Eheleute kniend abgebildet, darüber befanden sich neben 8 Wappen adliger Familien, teils Vorfahren des Ehepaares, auch ihr Lebenslauf. Zwischen den Wappen der Familien von Kracht und von Rohr war der folgende Text zu lesen:

Zu Ehren des Großen Gottes zur Zier dieser Kirchen und zur Ehrengedächtnüsse der Adelichen Geschlechter derer von Krachten und Rohren insonderheit, habe dieses Ehren Gedächtnüß und Begräbnüß aufrichten lasse aus schuldigster kindlicher Liebe dero überbliebene einige Tochter die hochwohlEdelgebohrne Frau Hedwig Sophia von Kracht und dero Schwieger- Sohn der HochwohlEdelgebohrne Herr Raben von Canstein Churf. Brandenb. Geheimer Raht, OberHoffMarschall Cammer Praesident aller dero Domaenen und Landeshauptmann zu Beßkow und Storkow auch Hauptmann der Ämpter Hornburg, Liebenwalde und Zedenik im Jahre 1668.

Die dritte Etage zeigte Worte aus Jes. 11. 5. Das ganze Monument ist mit Engelsköpfen verziert und reichte bis zum Deckengewölbe der Kirche. Vor diesem Monument stand der Altar. Die Kanzel befand sich auch in dessen Nähe und wurde von zwei Engeln gehalten. Um die Treppe herauf zur Kanzel waren vier Evangelisten und um den Stuhl zwei adlige Wappen (Wilhelm von Höcking, 1668 und Maria, geb. Kracht) angeordnet. Die Kanzel war mit vergoldeten Säulen und Muscheln dekoriert, auf der Spitze befand sich ein ebenfalls vergoldeter Phönix. Die Kirche war auch rundum mit Chören ausgestattet, einige davon waren zweistöckig. Daneben waren in der Kirche noch diverse Gedenktafeln angebracht.

Trotz der doch prachtvollen Innenausstattung hatte die Kirche nie einen Turm oder eine Glocke. Ende des 18. Jahrhunderts soll an der Kirche noch eine Säule mit der Statue des Hildebrand von Kracht aufgestellt worden sein. Diese stand wohl vorher im Turm der Stadtpfarrkirche.

Garnisonsprediger

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Zeitraum Name Bemerkung
1680 – 1689 Grunelij, Johann Henr. ca. 1651 geboren
1758 – 1763 Beneke
1763 – 1766 Hahn, Johann Christan
1766 – 1772 Hering, Johann Hermann
1772 – 1775 Klemm, Martin Gottfried
1775 – 1779 Riedel, Karl Ludwig
1779 – 1782 Riedel, Heinrich Wilhelm Bruder von Karl Ludwig Riedel
1782 – 1789 Klemm, Christian Friedrich
1789 – 1799 Schultz, Johann Friedrich
1799 – 1810 Giesel, Karl Heinrich Bis 1806 Garnisonspfarrer, bezieht dann bis 1810 1/2 Ruhegehalt und betreut die Gemeinden Tamsel und Warnick
1812 – 1818 kein Garnisonspfarrer Führung der Kirchenbücher durch Superintendent Bertuch und Oberpfarrer Dittmarsch
1818 – 09/1833 kein Garnisonspfarrer Führung der Kirchenbücher durch Oberpfarrer Dittmarsch und 2. Pfarrer der Stadtpfarrkirche Schultz
1833 – 1841 kein Garnisonspfarrer Führung der Kirchenbücher durch Oberpfarrer Dittmarsch und vereinzelt durch Superintendent Schultz
08/1841 – 05/1858 Dreising Divisionsprediger
10/1858 – 04/1870 Hoffbauer, Johann Paul Theodor Divisionsprediger
04/1870 – 12/1876 kein Garnisonspfarrer Betreuung durch Schlosspfarrer Martins
01/1877 – 12/1877 kein Garnisonspfarrer Betreuung durch 2. Pfarrer der Stadtpfarrkirche Schwebel
04/1878 – 06/1882 Hossenfelder Divisionsprediger
07/1882 – 05/1888 Ziemer, Theodor
10/1888 – 08/1891 Noack
10/1891 – 07/1893 Schaumann
08/1893 – 03/1898 Rosenfeld
04/1898 – 10/1900 von Stosch
12/1900 – 1901 Heinz
08/1901 – 04/1904 Backhaus
08/1904 – 1908 Schönermark
1909 – 12/1912 kein Garnisonspfarrer Betreuung durch Oberpfarrer Janke
1913 – 1914 Köppe, Walter Divisionsprediger
11/1914 – 1931 Müller, Otto Hugo Ernst, Dr. auch Schlosspfarrer
1932 – 01/1936 kein Garnisonspfarrer Betreuung durch 1. Pfarrer der Stadtpfarrkirche Köhn
1936 – 03/1939 Hoberg, Martin, Dr. Heerespfarrer

Diese Kirche war eines der drei Häuser der Altstadt, die den Beschuss durch die Russen und den anschließenden Großbrand 1758 überstanden. Die Stadtpfarrkirche gehörte nicht dazu, so dass in den Jahren 1758 bis 1770 der Gottesdienst in der Kirche am Wall abgehalten wurde. Die Garnisonsgemeinde nutzte die Kirche Sonntags zwischen 8 und 10 Uhr, die lutherische Gemeinde zwischen 10 und 12 Uhr und die reformierte Gemeinde (Schlosskirchengemeinde) zwischen 14 und 16 Uhr.

Der Garnisonsprediger Beneke (auch Benike) stieg bei der Revolte von 4000 Kriegsgefangenen am 5. Juli 1762 unter Lebensgefahr auf die Wälle und versuchte zwischen der Garnison und den revoltierenden Gefangenen zu vermitteln. Damit soll er einiges zur Beruhigung der Lage beigetragen haben.

Bis 1806 - also bis zum Beginn der Besatzung durch die Franzosen - wurde diese Kirche für Gottesdienste benutzt. Ab 1806 bezog Pfarrer Giesel nur noch ein halbes Gehalt als Wartegeld und führte nur noch Amtshandlungen für die gefangenen preußischen Soldaten aus, keine Gottesdienste mehr. Er blieb aber Pfarrer von Warnick und Tamsel, diese beiden Gemeinden hatte er im Jahre 1800 übernommen.

Ehemalige GarnisonskircheDie Franzosen rissen die Ausstattung heraus und machten aus der Kirche eine Roßmühle. Zwischen 1806 und 1817 wurden in dieser Gemeinde keine Gottesdienste mehr durchgeführt. Erst seit dem Reformationsfest im Jahre 1817 gab es wieder welche in der Garnisonsgemeinde, die nun die Pfarrkirche nutzte. Nach einem Abkommen vom 12. August 1835 hatte die Garnisonsgemeinde eine jährliche Miete von 30 Thalern für die Nutzung der Stadtpfarrkirche zu zahlen. Nach der französischen Besatzungszeit wurde aus der ehemaligen Kirche am Wall ein Festungsmagazin und eine Strafgefangenenkaserne. Die Strafgefangenenkaserne war vorher im Schloss untergebracht gewesen.

In einem Gewölbe unter der Kirche wurde das Grab des Hildebrand von Kracht gefunden. Dieser Sarg wurde 1924 ins Schloss umgebettet und fand im Erdgeschoss des Hauptturmes unter den Friedrichszimmer seine neue Bleibe. 1882 verkaufte der Reichsmilitärfiskus die ehemalige Kirche an die Stadtpfarrkirchengemeinde, welche dort eine Herberge zur Heimat, ein Asyl für Wanderarbeiter, einrichten wollte. Die Nische mit dem Sarg des Hildebrand von Kracht wurde auf des Kriegsministers im Jahre 1871 zugemauert und mit einer Gedenktafel versehen:

In diesem Gewölbe ruhen in einem kupfernen Sarge die irdischen Überreste des Kur-Brandenburgischen Obersten und Oberhauptmanns der Veste Cüstrin Hildebrands von Kracht, nachdem er vom Jahre 1612 - 1638 Gouverneur dieser Festung gewesen ist.

Im Jahr 1870 wurde der Schlossprediger Martens damit beauftragt, auch die Militärgemeinde mit zu betreuen. In diesem Jahr und erneut im Jahr 1879 wurde versucht, die Militärgemeinde in die Schlosskirche zu verlegen. Dies scheiterte jedoch an der Klärung der Eigentumsverhältnisse der Schlosskirche sowie an organisatorischen Problemen. Am 14. Oktober 1880 entschied sich das Kriegsministerium nach Sichtung einiger in Auftrag gegebenen Gutachten gegen den Umzug der Gemeinde. Diese Gutachten konnten die Eigentumsverhältnisse nicht klären, die Schlosskirchengemeinde hatte sich vehement gegen den Umzug der Militärgemeinde in die Schlosskirche gewehrt, da es zu zeitlichen Konflikten bei den Gottesdiensten und Messen gekommen wäre. Die Militärgemeinde wurde also vom Pfarrer der Schlossgemeinde betreut, nutze aber die Stadtpfarrkirche. Später nutzte die Garnisons- oder Militärgemeinde die Stadtpfarrkirche in der Altstadt, aber auch die Friedenskirche in der Neustadt und zahlte an beide Kirchen Miete.

An dieser Stelle lasse ich den Artikel erst einmal enden. Da die Garnisonsgemeinde, wie erwähnt ab 1817 die Pfarrkirche nutzte, wird die Geschichte im Artikel über die Pfarrkirchengemeinde weiter erzählt. Die Kirchenbücher der Militärgemeinde sind noch erhalten und können im "Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz" in Berlin-Dahlem eingesehen werden.

 

Quellen:

  • Johann Christoph Bekmann: Von Stat und Veste Küstrin, ca. 1710
  • Annalen der Stadt und Festung Küstrin, Seyffert, 1801
  • Chronik der Stadt Cüstrin, K. W. Kutschbach, 1849
  • Archiv der Brandenburgia, Gesellschaft für Heimatkunde der Provinz Brandenburg zu Berlin, Bände 1-4, von 1894
  • Die evangelischen Kirchen der Stadt Küstrin, Prof. Dr. Gustav Berg, Marienburg (in: Schriften des Vereins für die Geschichte der Neumark, Nr. 24, 1910, Seite 1 - 33)
  • Küstrin 1232 - 1932, Ralf Juon
  • Diverse Wohungsanzeiger und Adressbücher der Stadt Küstrin (1883 - 1939/40)
  • Siegel: Sammlung Boguslaw Mykietow