Die Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl und seine Auswirkungen
Am 26. April 1986 ereignete sich im Atomkraftwerk im ukrainischen Tschernobyl die große Nuklearkatastrophe. Diese hatte auch Auswirkungen auf den Bahnhof Kietz und seine Mitarbeiter. Viele Züge, die den Bahnhof Kietz aus Richtung Osten passierten, kamen aus der damaligen Sowjetunion. Darunter waren auch Züge, die radioaktiv kontaminiert waren. Die Kietzer Eisenbahner mussten auf beiden Seiten der Oder, also auch in der Niederlassung Kostrzyn, an diese Züge heran, um ihre Arbeit zu machen. Schutzanzüge für die Eisenbahner waren nicht vorhanden, "entseucht" wurden nur die Wagen und Loks, die auf dem Weg in die Bundesrepublik waren - sonst wären diese an der Westgrenze der DDR abgewiesen worden. Die Entseuchung erfolgte aber erst hinter dem Kietzer Bahnhof, auf einem Abstellgleis bei Neu-Manschnow. Wenn sich Mitarbeiter auf dem Kietzer Bahnhof weigerten, sich den Zügen zu nähern, wurden sie gezwungen und mit dienstrechtlichen Konsequenzen bedroht. Das hat auch meine Mutter erleben müssen.
In den letzten Jahrzehnten starben viele ehemalige Mitarbeiter des Bahnhofs an Krebs. Die Vermutung liegt nahe, dass dies auch mit den Ereignissen in den 1980er Jahren zusammenhängt. Eine ausführliche Radioreportage von Robert Dobe mit dem Titel "Die Tschernobyl-Züge von Küstrin-Kietz" wurde 2021 vom SWR veröffentlicht.