Küstrin und die 48er! Durch mehr als fünf
Jahrzehnte in Freud und Leid verbunden!
Zwei kaum zu trennende Begriffe!
Ist's da ein Wunder, wenn man an dem Schicksal des ältesten Regiments der Garnison ganz besonderen Anteil nimmt, wenn man noch heute den 48er die Treue hält und auch die ehemaligen herzlich willkommen heißt?
Zwar weiß bereits jetzt - ein Jahrzehnt nach der Auflösung des Regiments - die Jugend nicht mehr von dem Buntbewegten militärischen Leben, das während des Kompanie- und Bataillonsexerzierens auf dem großen Übungsplatze stehts hunderte von Zuschauern fesselte, nicht mehr von dem Parademarsch der 48er, der oftmals den schweißgetränkten Sandboden erdröhnen ließ, auch nicht mehr vom Aufziehen der Wachen. Aber noch immer begegnen wir, wenn auch im Laufe der letzten Jahre sich vieles im Stadtbild geändert hat, Erinnerungen an das Infanterie Regiment von Stülpnagel. Das an wechselvoller Geschichte reiche Markgrafenschloß, das mehrere Jahrzehnte hindurch ein Bataillon der 48er aufgenommen, grüßt mit seinem Turm noch immer von der Oderseite her. Die kunstvollen Terrakotta und Sandsteinportale sind erneuert, die Räume dienen friedlicher Bestimmung und auch die Umgebung des Schlosses hat der Neuzeit Opfer bringen müssen. Die Wälle, die einst den Exerzierhof der Schloßkaserne hier begrenzten, die den Häusern der Altstadt Licht und Luft nahmen, sind zum Teil verschwunden. Promenaden, zur bleibenden Erinnerung an die Tragödie aus Friedrichs des Großen Jugendzeit, die hier ihren Abschluß fand, Kattewall genannt, sind an ihrer Stelle getreten und neue reizvolle Blicke in das Bruch und auf das Schloß eröffnen sich hier dem Besucher.
Und wenn wir über die Brücken unsere Schritte zur Neustadt lenken, leuchtet uns bald in der Landsberger Straße der rote Backsteinbau der neuen Infanteriekaserne entgegen, zu beiden Seiten jetzt von freundlichen Wohngebäuden umrahmt. Nicht mehr die wuchtigen Torflügel sind's, die der Wachthabende einst beim Zapfenstreich schließen mußte, durch die wir das Gebäude betreten. Doch der hohe Mittelflur ist noch derselbe: Tafeln mit den Namen der Regiments und Bataillonskommandeure in Krieg und Frieden, der Regimentschefs und der in den Feldzügen 1864, 1866 und 1870/71 ausgezeichneten Offiziere und Mannschaften machen den Vorraum zu einer Stätte bleibender 48er Erinnerung. Über den Kasernenhof grüßt von der Stülpnagelstraße her das erst kurz vor dem Kriege fertig gestellte Kasino, das jetzt dem Reichsbauamt als Unterkunft dient.
Am Neuen Werk vorbei, in dessen Schatten einst die Bataillonsspielleute ihre Künste probten, führt uns die Straßenbahn zum nahen Stadtwald. Auf dem großen Exerzierplatze, der nur noch ganz selten jetzt militärisches Leben zeigt, tauchen alte Bekannte auf: das Akazienwäldchen, das so manchesmal an heißen Sommertagen Kühlung spenden mußte, die Eichen auf den Gerbheimer Höhen, ein gern gewählter Richtungspunkt, wenn es Sprung - auf! Marsch, marsch! quer über den großen Platz ging. In nördlicher Richtung erreichen wir durch Wohlgepflegten Mischwald schreitend, bald die Fahrstraße Altdrewitz - Forsthaus. Umrahmt von Haselnußgebüsch erhebt sich hier aus grünen, im Lenz von leuchtenden Anemonen besäten Teppich ein schlichter Gedenkstein:
"Zur Erinnerung an die Schlacht bei Gitschin
am 29. Juni 1866, bei welcher das Füsilier- Bataillon
des Infanterie Regiments Nr. 48 die Feuertaufe
erhielt".
Gar oft hat das 3. Bataillon die Wiederkehr dieses Tages hier draußen gefeiert, gar oft sind die jungen 48er zu dieser Stätte geführt worden. In den sechs Jahrzehnten, die die 48er in den Mauern unserer Stadt verbracht, haben sich naturgemäß auch mancherlei persönliche Beziehungen angeknüpft. Kompaniefeiern und Konzerte der Regimentskapelle gaben häufig Gelegenheit dazu. Viele der älteren Küstriner werden sich noch der weißbärtigen Erscheinung des Musikdirigenten Piefke erinnern der ungefähr bis zur Jahrhundertwende die Kapelle geleitet, und die regelmäßigen Militärkonzerte eingerichtet hat.
Von Regimentskommandeuren sind in besonderer Erinnerung geblieben Oberst von Trotha, der Kolonialkämpfer Oberst von Förster, der 1906 an die Spitze des Regiments getretene Ostasienkämpfer, und nicht zuletzt der noch jetzt in Küstrin lebende Generalleutnant Kauzert, der letzte Friedens und erste Kriegskommandeur.
Die an geschichtlichen Erinnerungen reiche Altstadt, namentlich das alte markgräfliche Schloß, hat so manchen 48er zu einem Erforscher der Heimatsgeschichte gemacht. Ganz besondere Verdienste hat sich [...]